Agroforstwirtschaft – Zukunftsfähige Landwirtschaft mit Gehölzen

Regenerative Bio-Landwirtschaft auf Haus Hülshoff

Bei der Bewirtschaftung der Ländereien rund um Haus Hülshoff nutzen wir über die Grundsätze des ökologischen Landbaus hinaus innovative Methoden der regenerativen Landwirtschaft. Im Fokus unserer Arbeit liegt ein gesunder Boden: sein Artenreichtum soll gemehrt, seine Wasserspeicherkapazität erhöht und seine Fruchtbarkeit gesteigert werden. Neben dem Aufbau des Bodens wird auf möglichst geschlossene Kreisläufe geachtet. Hier gilt es vor allem die Anzahl unserer Tiere an die Erträge unseres Landes anzupassen, Nährstoffe zurückzuführen und Oberflächenwasser zu sammeln und zu nutzen. Ziel dabei ist es, unter den Herausforderungen des Klimawandels weiterhin hochwertige ökologische Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig der Natur in ihrer Diversität Raum zu geben. 

Unser neu angelegtes Agroforstsystem mit Esskastanien am Fuße des Teutoburger Waldes

Agroforst als Teil der Regenerativen Landwirtschaft

Ein strukturelles Element der regenerativen Landwirtschaft sind Agroforstsysteme. Diese Form der Landnutzung kombiniert die landwirtschaftliche Produktion mit dem Anbau von Bäumen oder Sträuchern auf derselben Fläche. Neben der Nahrungsmittelproduktion reduzieren sie die Verdunstungsrate des Bodenwassers durch Schattenwurf und Verlangsamung der Windgeschwindigkeiten. Außerdem gelangt durch das herabfallende Laub organisches Material in den Boden und kann zum Humusaufbau beitragen. Durch die Wasserspeicherfähigkeit des Humus und die niedrigere Verdunstung wird mehr Feuchtigkeit im Boden gehalten und die Erosion durch Wind und ablaufendes Wasser reduziert. Das vermehrt vorhandene Wasser und die Nährstoffe aus dem Laub kommen dem Bodenleben und den Ackerkulturen zugute, sodass die Erträge gesteigert werden können. Damit folgen wir der neuen Ackerbaustrategie der EU, nach der Agroforstsysteme einen wesentlichen Teil zur zukünftigen Landwirtschaft beitragen sollen.

Traditionelle Agroforstsysteme
In Deutschland gab es früher zahlreiche Agroforstsysteme, sowohl in der Agrarlandschaft als auch im Wald. So wurde ein Großteil der Wälder beweidet oder zur Schweinemast genutzt, und auf vielen landwirtschaftlichen Flächen standen Gehölze. Diese wurden entweder gezielt gepflanzt, z. B. als Erosions- und Windschutz, als Flächenbegrenzung und Weidezaun oder zur Obstproduktion, oder sie kamen auf ungenutzten Teilflächen, beispielsweise an Feldrändern, ungeplant auf. Die heute noch am weitesten verbreiteten traditionellen Agroforstsysteme sind die Streuobstwiesen, die für Norddeutschland typischen „Knicks“ oder auch die vielen Hecken im Münsterland. 

Moderne Agroforstsysteme 
Heute gibt es sehr vielfältige Agroforstsystem. Sie unterscheiden sich sehr in ihrem Aussehen, bestehen jedoch meist aus parallelen Gehölzstreifen, zwischen denen geackert oder beweidet werden kann. Die Breite dieser Streifen und ihr Abstand ist beliebig skalierbar, sodass das System an die jeweiligen Anforderungen, wie z.B. die eingesetzten Maschinen angepasst werden kann. Wie das Aussehen, unterscheidet sich auch die Nutzung von Agroforstsystemen, es kann einerseits mit schnellwachsenden Baumarten ein Fokus auf die energetische Nutzung gelegt werden oder durch den Anbau von fruchttragenden Baumarten die Nahrungsmittelproduktion im Vordergrund stehen.  

Agroforstwirtschaft auf Haus Hülshoff

Im Jahr 2020 entstand bei Till Kröner, Landwirt auf Haus Hülshoff und nebenberuflich als Agroforst-Berater und Planer tätig, die Idee, Bäume auf die Äcker zu pflanzen. Die anfänglichen Idee wurde in zahlreichen Gesprächen und Denkprozessen weiter konkretisiert, sodass wir bereits im Winter 2021/22 auf der ersten Fläche, der „Hühner-Wiese“, eine Streuobstwiese pflanzen konnten. Ein Jahr später stand das Finanzierungsmodell und die betrieblichen Rahmenbedingungen für die zweite, weitaus umfangreichere Pflanzung: 78 Esskastanien, 99 Walnüsse und 165 Haselnusssträucher fanden ihren Platz auf drei weiteren Ackerschlägen. Nach und nach sollen auf den meisten der landwirtschaftlich genutzten Flächen noch weitere Bäume gepflanzt werden, um unsere Flächen für die Zukunft zu rüsten und den klimatischen Veränderungen anzupassen. Dabei werden weiterhin vor allem fruchttragende Arten wie Hasel, Walnuss, Esskastanie und andere Nuss- und Obstsorten eingesetzt werden. Um den Stall herum sind Futterlaubhecken geplant, um unsere Tiere artgerecht ernähren zu können.

Planungsprozess

Bei der Planung von Agroforstsystemen müssen viele Dinge berücksichtigt werden. Im Vordergrund steht die Frage, wie das System zukünftig genutzt werden soll: Dient es vor allem des Erosionsschutzes, der Wasserspeicherung, der Landschaftsästethik oder der Förderung der Biodiversität? Oder sollen die gepflanzten Bäume auch Erträge liefern? Sollen dabei Nahrungsmittel, Energieholz oder Wertholz produziert werden? Wie sollen die Erzeugnisse geerntet und vermarktet werden? Neben diesen Fragen ist zu klären, wie die Fläche zwischen den Bäumen genutzt werden soll. Soll sie von Tieren genutzt oder beackert werden? Welche Maschinenbreiten sind im Betrieb vorhanden? Bei der Planung spielen auch abiotische Faktoren, wie Klima, Himmelsrichtung, Hangneigung und Bodenbeschaffenheit eine Rolle.
Während unseres Planungsprozesses werden die oben genannten Anforderungen nach Priorität geordnet und anhand dieser Priorisierung das System hinsichtlich der Baumarten, Pflanzabstände, Reihenabstände, Reihenbreiten und Anordnung der Bäume geplant.
Die Planung der Agroforstsysteme auf Haus Hülshoff wurde in Kooperation mit Philipp Gerhardt von der Deutschen Agroforst GmbH (baumfeldwirtschaft.de) durchgeführt.

Ländereien um Haus Hülshoff inklusive einer Visualisierung der Agroforstsysteme

Keyline-Design

Die Baumreihen auf Haus Hülshoff verlaufen nicht schnurgerade, das fällt sofort auf, doch woran orientieren sich die geschwungenen Formen?
Bei der Planung der System waren für uns der Erosionsschutz und der Wasserrückhalt besonders wichtig. Das liegt einerseits daran, dass die bepflanzten Flächen am Hang liegen und zum Teil stark erosionsgefährdet sind. Andererseits wird Wasser in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen und wir müssen dafür sorgen, dass wir sowohl mit zu viel als auch mit zu wenig Wasser klar kommen. Daher haben wir uns entschieden, die Baumreihen nach dem Keyline-Design zu pflanzen. Das Design sieht vor, Strukturen in der Landschaft so anzulegen, dass oberflächlich abfließendes Niederschlagswasser aufgefangen und in der Fläche verteilt wird, wo es langsam versickern kann. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass mit den geschwungenen Linien die Ästhetik der Landschaft gesteigert wird, was uns selbst aber auch den zahlreichen Touristen, die entlang der Teutoschleifen über unseren Hof spazieren, zugute kommt.

Baumartenwahl und Nutzen im Landwirtschaftlichen Betrieb

Bei der Auswahl der Baumarten haben wir uns für Arten entschieden, die sowohl mit dem sich verändernden Klima zurecht kommen, als auch unsere Produktpalette sinnvoll ergänzen können. Esskastanien, Walnüsse und Haselnüsse sind wärmeliebend und heimische Nüsse sind im Moment noch schwer zu bekommen. Auf unserer Streuobstwiese haben wir viele alte Obstsorten gepflanzt, weil sie einen besonders guten Geschmack haben und meist sehr robust sind, sodass wir sie extensiv bewirtschaften können. Im Allgemeinen ist es uns wichtig, viele verschiedene Arten und Sorten zu pflanzen, um unseren Hof resilient aufzustellen und das Risiko eines Ernteausfalles zu minimieren.

Walnüsse und Haselnüsse in parallelen Streifen auf dem Acker

Zukunftsaussichten und Vision für die Region

In den kommenden Jahren werden wir damit beschäftigt sein, die angelegten Agroforstsysteme zu pflegen, d.h. zu wässern, zu beschneiden und die Baumscheiben Unkrautfrei zu halten. Außerdem planen wir weitere Systeme zu pflanzen.
2027 rechnen wir mit den ersten nennenswerten Erträgen, die wir über unseren landwirtschaftlichen Betrieb direkt vermarkten wollen. Bis dahin werden wir in Erntetechnik und Verarbeitungstechnik investieren. Neben der ganzen Nuss und Tafelobst möchten wir die Erträge in unserer hofeigenen Eismanufaktur verarbeiten, sowie Produktkreationen wie Studentenfutter oder Nussmuse anbieten. Wünschenswert wäre ein Zusammenschluss mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben in der Region, die ebenfalls von der Idee der Agroforstwirtschaft begeistert sind und mit denen die Verarbeitung gemeinschaftlich organisiert werden kann.

Agroforst-Monitoring

Um Agroforstsystem im Allgemeinen noch besser zu verstehen, wird die Entwicklung unserer Agroforstsysteme wissenschaftlich begleitet. Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an der Uni Münster haben das Agroforst-Monitoring ins Leben gerufen. Dies ist ein deutschlandweites Projekt, in dem zusammen mit Menschen aus der Zivilbevölkerung, sogenannten „Bürgerwissenschaftler*innen“, Daten aus Agroforstsystemen aufgenommen und in einer Datenbank gesammelt werden. Ihr wollt mitwirken? Hier gibt es weitere Informationen.

Werdet Baumfreund oder Baumfreundin!

Unterstützt uns, die neu angepflanzten Agroforstsysteme in den nächsten Jahren zu hegen und zu pflegen und leistet damit einen Beitrag zu einer diversen und krisensicheren Landwirtschaft! Je nach Wunsch wird Eure Freundschaft durch Euren Namen auf einer Übersichtstafel zu einer Esskastanie, einer Walnuss oder einem Haselnussstrauch besiegelt. Eine kleine Urkunde gibt es postalisch zugeschickt.

Baumfreundschaft 50 Euro
Strauchfreundschaft 25 Euro